UND statt ABER

Vielfalt aner­kennen, Vor­urteile abbauen und Stereo­typen vermeiden, Klar­heit und gegen­seitiges Ver­ständnis fördern sowie den Zugang zu Informationen zu optimieren. Das sind die zentralen Aspekte von inklusiver Kommunikation.

Häufig wird der Begriff Inklusion im Zusammen­hang mit Menschen benutzt, die geistig oder körperlich eingeschränkt sind. Doch das Thema geht viel weiter. Echte Inklusion bedeutet alle Menschen einzuschließen. 100-prozentig ist das natür­lich schwer erreichbar. Die Mindes­tanforderungen sind jedoch in den meisten europäischen Ländern geregelt, z.B. mit dem Allgemeinen Gleich­behandlungs­gesetz, dem Gleich­stellungs­gesetz und anderen. Wir erläutern hier die verschiedenen Aspekte, den Nutzen und was das konkret für die Unter­nehmens­kommunikation bedeutet. Außerdem möchten wir zu einer selbst­verständlichen inklusiven Haltung ermuntern. Von deren Vorteilen profitieren am Ende alle.

Vergleich von traditioneller Symbolik mit alternativem Vorschlag. Klassischer Männer- und Frauenumriss im Vergleich zu sitzend und stehend pinkelndem Hund.
Einmal das Geschlechter-Klischee. Daneben die – zugegebenermaßen etwas humoristische – Darstellung der nackten Tatsachen: Sitzen oder Stehen.

Inklusive Ansprache

Schon das erste Thema wird von vielen mit heißer Nadel gestrickt. Gendern von vielen ab­wertend als Schimpf­wort benutzt. Dabei ist es ganz einfach: Gar nicht erst zwischen den Fett­näpfchen durch­tanzen sondern einen großen Bogen darum machen. Kenne ich mein Gegen­über, gibt es sowieso kein Problem. Ansonsten tut ein ein­faches »Hallo« nie­mandem weh. Und die »sehr geehrten« Floskeln glaubt so­wieso nie­mand mehr. Neutral bleiben ist rechts­sicher, beispiels­weise in Stellen­aus­schreibungen. Wer niemanden aufzählt, kann auch niemanden vergessen.

Bei bekannter Identität ist eine größt­mögliche Individualisierung erstrebens­wert. Menschen reagieren positiv darauf, mit ihrer ganzen Persönlich­keit wahr­genommen zu werden. Hier ist Ein­fühlungs­vermögen der Schlüssel. Ziel ist es, die Haltung und den kulturellen Hinter­grund eines Menschen richtig zu erfassen und zu adressieren. Das ist jedoch auch wesent­lich auf­wendiger als eine neutrale Ansprache.

Barriere­freiheits­stärkungs­gesetz (BFSG)

In Deutschland endet Mitte 2025 die Über­gangs­frist und das Gesetz wird bindend. Ähnliches gilt auch in der übrigen EU. Die Regeln gelten eben­falls für Schweizer Unter­nehmen, die auf dem EU-Markt tätig sind. Nur kleine Unter­nehmen und Privat­personen sind aus­genommen. Ein kleines Unter­nehmen im Sinne des Gesetzes ist: weniger als 10 Mit­arbeitende oder höchstens 2 Mio. Euro Jahres­umsatz. Rein geschäft­liche Anbieter (B2B) sind eben­falls nicht verpflichtet.

Beispiele für gut lesbare Fibelschriften.
Die beiden blauen sind gut lesbare Fibelschriften. Die schwarzen darunter sind speziell für die Bedürfnisse neurodivergenter Personen konzipiert.
Die Abbildung zeigt anhand der Zeichen q,p,a und g, welche Formgebung Schriften für Dylexiker einfacher lesbar macht.

Schrift und Symbolik

Für die große Mehr­heit ist Lesen ganz selbst­verständ­lich. In Mittel­europa liegt die Alpha­beti­sierungs­quote bei über 99 %. Trotz­dem lohnt es sich auch bei diesem Thema genauer hin­zu­schauen. Davon profitieren Kinder, Fremd­sprachige, Menschen mit Lese­schwächen und neuro­diverse Personen. Zudem sind Pikto­gramme auch bei hoher Lese­kompetenz eine echte Er­leichterung. Zudem werden sie schneller vom Gehirn erfasst. Für hohe Funktionalität müssen Buch­staben und Symbolen ein­deutig und unter­scheidbar sein. Dabei fliesen kulturelle Faktoren und die etablierten Be­deutungen von Zeichen mit ein.

Für Schrift gilt: Kontrast­reiche Fibel­schriften in Groß-Klein­schreibung sind am idealsten. Zeichen sollte mehr als ein Unter­scheidungs­merkmal haben. Beispiels­weise für q ein ge­spiegel­tes p zu ver­wenden reicht nicht aus. Konkrete An­wendung findet dieses Thema bei der Ent­wicklung oder Aktualisierung von Corporate Designs. Die Haus­schrift sowie eine Grund­ausstattung mit Pikto­grammen gehören neben Logo und Farb­konzept sowieso in jedes zeit­gemäße Er­scheinungs­bild. Das Konzept hierfür barriere­frei zu denken ist so gesehen kein zusätz­licher Aufwand sondern Teil der Modernisierung.

Gebärden­sprache

Rund 20 % der Menschen sind beim Hören ein­geschränkt. Bei etwa 3 % wird die Ein­schränkung als Schwer­be­hinderung be­trachtet. Nur 0,1 % sind wirk­lich voll­tändig gehör­los. Eine Alter­native zur Ver­ständigung ist Gebärden­sprache. Im deutsch­sprachigen Raum werden DGS, DSGS (Schweiz) und ÖGS (Österreich) verwendet. Das BFSG sieht auf der Start­seite ein Video mit den grund­legenden Infor­mationen in Deutscher Gebärdensprache vor.

Leichte oder Einfache Sprache

Die beiden Begriffe sind nicht das Gleiche. »Ein­fache Sprache« ist durch eine Norm (DIN ISO 24495-1:2024-03) geregelt. Sie soll Sprache den Menschen zu­gäng­lich machen, die mit an­spruchs­vollerer Literatur Schwierig­keiten haben. Das sind Personen mit Deutsch als Fremd­sprache, nied­rigem Lese­niveau, Lese- und Recht­schreib­störungen (Dyslexie, Legasthenie) oder anderen geistigen Be­einträchti­gungen. Was vielen nicht bewusst ist: Das betriff fast einen Viertel der Be­völkerung. Eine besondere Form der Ein­fachen Sprache ist die »Leichte Sprache«. Diese ist noch­mals gesondert geregelt und muss höhere An­forderungen erfüllen. Für öffent­liche Ein­richtungen sind grund­legende Informa­tionen in ein­facher Sprache ver­pflich­tend. Ansonsten gelten die Bedürf­nisse der Ziel­gruppe von Dienst­leistung oder Produkt. Richtet sich das Angebot an die ge­sellschaft­liche Breite, ist das durchaus gegeben.

Hallo-Geste in Deutscher Gebärdensprache
Hallo-Geste in Deutscher Gebärdensprache
Simulation von verschiedenen Arten der Farbenblindheit anhand eines orangefarbenen A auf grünem Hintergrund.
Links oben die Normalsicht. Dazu im Vergleich die Simulation von drei Formen der Farbenblindheit.

Farbe

Farben haben in zwei Be­reichen Ein­fluss auf die Barriere­frei­heit. In der Wahr­nehmung und in ihrer Wir­kung. Bei ersterem spielt haupt­säch­lich der Kontrast eine Rolle. Ist dieser zu gering, wird das zum Problem für Menschen mit ein­ge­schränkter Sicht oder Farb­wahr­nehmung. Bei­spiels­weise Rot-Grün­blind­heit oder Tritanopie.

Die zweite Ebene ist die psychische Ver­fassung. So nehmen Menschen mit Depressionen oder Demenz Teile des Spektrums be­droh­lich war. Bestes Vor­bild für die Farb­wahl ist die Natur: Welche Farbe steht in der Natur für welche Eigen­schaft? Dunkle Farben sind Tiefe. Rot und Gelb über­nehmen Signal­wirkung. Darüber hinaus werden Farben von unter­schied­lichen kulturellen Hinter­gründen verschieden interpretiert.

Usability — User Centered Design

Die Bedürf­nisse aller im Blick zu haben ist die Basis von Nutzer­zentrie­rung. Darum ver­bessern inklusiv gedachte Konzepte immer auch die Benutzer­freund­lich­keit für den Standard­nutzer. Elemente wie der hohe Kontrast­modus werden als Nacht­modus oder neudeutsch »Dark Mode« von vielen gerne ver­wendet. Gerade in dunkler Um­gebung be­ansprucht das die Augen weniger oder redu­ziert den Anteil von blauem Licht in den Abend­stunden. Generell ver­hindert ein inklusiver Ansatz, dass einem das Leben un­nötig schwer gemacht wird.

Simulation des Unterschieds von schwachem und starkem Kontrast bei einer starken Fehlsichtigkeit.
Bei hohem Kontrast ist der Buchstabe auch für stark Fehlsichtige noch erkennbar.
Vergleich zwischen Standard- und Nachtmodus anhand eines Designbeispiels.
Der Vergleich zeigt: Der sogenannten Nacht- oder Kontrastmodus (rechts) ist deutlich besser lesbar. Obwohl der hier gezeigte Tagmodus (links) bereits barrierefrei gestaltet ist.

Sorg­falt und Sensibili­tät

Bewusst, korrekt, ver­lässlich. Sorgfalt in der Kommunikation ist gelebte Wert­schätzung. Das können Menschen spüren. Kulturelles Ein­fühlungs­vermögen und Empathie ver­stärken die Zu­gänglich­keit weiter. Und Sorg­falt unter­stützt Inklusion. Vom fehlenden Alt-Tag bis zum ver­gessenen Akten­koffer auf dem Leit­streifen. Was für ein­geschränkte Personen ein Hindernis ist, wirkt auch auf »Normalos« un­ordent­lich und nach­lässig. Das Bei­spiel zeigt, manche Themen sind hinter der Ober­fläche verborgen. Eine korrekte Syntax bei Soft­ware und Web­sites ist erf­order­lich, um die Bedien­hilfen von Browser und Aus­gabe­gerät ver­wenden zu können. 

Videos als Inklusions­booster

Film ist das einzige Medium, welches Bild, Sprache, Bewegung und Gestik sowie Text gleich gut ab­bilden kann. Werden die Inhalte auf allen Kommunikations­ebenen parallel ge­sendet, ist die Information im Video auch für Menschen mit Ein­schränkungen zu­gäng­lich. Das hilft besonders bei Platt­formen, auf deren Barriere­frei­heit man keinen Ein­fluss hat. Auf diesen Medien sind Videos eine gute Mög­lich­keit den Zugang trotzdem zu ermöglichen.

Fragen zur barrierefreien Website?

Christoph


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