Optimistische und inspirierende Botschaften für die »Fröhliche neue Krise«
Ein weiteres »Krisenjahr« geht zu Ende. Doch ist wirklich alles so schlecht? Vieles ist im Fluss. Ein Wandel ist nötig. Das stützen mittlerweile breite Schichten in Gesellschaft und Wirtschaft. Aber Veränderungen drängen uns aus der Komfortzone. Das ist nun mal unkomfortabel. Eine Krise ist es, wenn wir eine daraus machen. Krise ist im Kopf. Wer positiv nach vorne schaut, entkommt ihr.
Wir haben drei Freunde, Geschäftspartner und Mitstreiter gefragt. Wie bewerkstelligen sie das mit dem hoffnungsvollen Blick in die Zukunft. Hier erzählen sie uns davon.
Gemeinsam geht es dann auch 2023 positiv weiter. Davon sind wir überzeugt. Dafür wünschen wir euch alles Gute. Und dabei möchten wir euch unterstützen.
Zu den Interviews
Haben wir eine Krise?
Ein Treffen im wahrscheinlich gemütlichsten Heizraum des Hotzenwalds
Hallo Manfred, schön, dass du Zeit für ein Gespräch mit uns hast. Unser Thema ist ja »Fröhliche neue Krise«. In den letzten Monaten hört man von überall auf der Welt von zahlreichen Problemen. Wie empfindest du das? Spürst du Auswirkungen der aktuellen Krisen in Deutschland?
Manfred Schäuble: Haben wir eine Krise? Ereignisse wie Corona oder der Krieg in der Ukraine zeigen uns doch nur, dass es so nicht weitergehen kann. Vor ziemlich genau 50 Jahren sind wir sonntags auf Autobahnen spazieren gegangen. Wir wissen schon sehr lange, dass unsere Lebensweise anfällig ist. Nur wollte das niemand wahrhaben. Die letzten 50 Jahre haben wir dann vor allem viel vergeigt. Das machen wir irgendwann mal, war die Devise.
Wir sind also selbst schuld, weil wir unsere Hausaufgaben nicht gemacht haben?
Wir verlassen uns zu sehr auf andere. Wir als Europäer müssen uns auf unsere Stärken konzentrieren. Wir müssen die Dinge selbst in die Hand nehmen.
Gibt es ein Mittel, mit dem man zum Handeln motivieren kann? Was treibt dich an?
Ich sehe das wie beim Sport. Gestern habe ich einen Artikel über einen 5-fachen Weltmeister gelesen. Der ruht sich im Winter nicht aus. Er schaut nach vorne und bereitet sich auf die nächste Saison vor. Wir müssen immer nach vorne schauen – über den Tellerrand. Viele verrennen sich dann sofort in der nächsten Abhängigkeit. Bei der Energie sehen viele Elektrizität als Allheilmittel. Die Lösung wird aber vielfältiger und ausgefeilter sein. Und sie muss dort erzeugt werden, wo sie verbraucht wird.
Müssen wir für diesen Wandeln auf Lebensqualität verzichten?
Nein. Das größte Problem ist Verschwendung. Wir müssen effizienter werden. Die nachhaltigste Energie ist die, die wir nicht verbrauchen. Und wir müssen das Ganze umsetzen. Da klemmt es gerade am meisten. Wir müssen unsere Anstrengungen in die richtigen Dinge stecken. Anstatt wertvolle Fachkräfte mit der Produktion von beispielsweise Waffen oder stumpfsinnigen Konsumgütern zu beschäftigen.
Du sprichst mit Fachkräften ein Thema an, das vielen unter den Nägeln brennt. Wie gehst du damit um?
Dass wir uns Nachhaltigkeit damals als Thema gesucht haben, hat einen Stein ins Rollen gebracht. Gerade der jungen Generation ist es wichtig, sich für etwas einzusetzen. Die möchten etwas bewegen und suchen nach Sinn. Unsere eindeutige Haltung bringt Weiterempfehlungen und Kontakte.
Wir müssen als Gesellschaft noch viel mehr dafür tun. Aktuell denke ich viel darüber nach, wie jungen Menschen das richtige Wissen beigebracht werden kann. Wo können wir Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. Ich möchte mein Wissen weitergeben. Mir alleine nützt es nichts. Um die Energiewende zu schaffen, brauchen wir überall sehr viele Fachkräfte.
Gibt es einen Satz, der dich leitet, mit dem du dich immer wieder motivierst?
Manfred nimmt ein Papier, er grinst etwas verschmitzt. Dann schreibt er etwas auf und schiebt es zu mir. Auf dem Blatt stehen drei Buchstaben: TUN
Manfred Schäuble ist Gründer und Inhaber von Schäuble Regenerative Energiesysteme. Sein Meisterbetrieb fokussierte sich als einer der Ersten auf nachhaltige Haustechnik. Zusammen mit Matthias Lauber und seiner Frau Ilse Degout führt er das Unternehmen. Seit Herbst 2022 arbeiten sie in einem neuen, nachhaltig konzipierten Betriebsgebäude. Bis zum Herbst 2023 werden sie einer der ersten komplett klimaneutralen Handwerksbetriebe in Deutschland sein.
Beim Herausgehen gibt mir Ilse noch einen Satz mit auf den Weg: »Wir sagen uns immer, man muss mit allem rechnen, auch mit dem Guten.«
Wir sagen uns immer, man muss mit allem rechnen, auch mit dem Guten.
Mit dem Herzen dabei
Ein Gespräch über die Grenzen von Regeln und Bürokratie
Nicole, wie nimmst du die aktuelle Krisensituation wahr?
Nicole Kummle: Aktuell fühlt es sich für mich gar nicht so sehr nach Krise an. Ich fühle mich wohl, es geht mir gut. Eine Krise ist es für die Menschen in der Ukraine oder auch in Syrien und dem Iran. Hier in Deutschland geht es uns trotz allem gut. Corona vor zwei Jahren hat mich da wesentlich stärker auch persönlich betroffen.
Hat dich diese Krise verändert?
Ich bin hellhöriger geworden. Höre genauer hin. Mein Verantwortungsbewusstsein hat nochmals deutlich zugelegt. In schwierigeren Situationen ist es besonders wichtig, auf Familie, Freunde und Mitarbeitende zu achten.
Während sich alles um Corona drehte, hast du dich um eine Krise gekümmert, die weniger im öffentlichen Fokus steht – die von Bildung und Erziehung. Warum gerade dieser Zeitpunkt?
Warum nicht? So etwas zu machen war schon länger mein Wunsch. Ich hatte vor meiner Zeit als Mutter an einer Einrichtung in Lottstetten mitgearbeitet. Als dann der Wiedereinstieg ins Berufsleben anstand, fehlte mir der Bezug zu diesem Projekt. Es hatte sich inzwischen anders entwickelt. Etwas Neues musste her. Simone fragte mich dann, warum ich nicht einfach selber etwas mache. Die Situation bot sich an, solange meine eigenen Kinder noch klein sind. Also haben wir das getan. Einfach losgelegt. Wenn man mit dem Herzen bei einer Sache dabei ist, dann klappt das schon.
Gabs auch Schwierigkeit?
Natürlich … mehr als genug. Das gehört bei so einem Projekt dazu. Manchmal muss man halt improvisieren und pragmatische Lösungen finden. Wir haben hier ja immer sehr viele Vorschriften und alles muss exakt stimmen. Manche finde ich auch übertrieben. An vielen Stellen wird durch enge Vorgaben die Fantasie eingeschränkt. Doch gerade für Kinder ist Fantasie wichtig. So eine selber gebastelte Hütte im Wald ist doch viel spannender als das genormte Spielgerüst.
Steht uns Deutschen manchmal der Perfektionismus im Weg?
Schon ein wenig. Wir verstecken uns sehr gerne hinter Bürokratie und Regeln. Ein Beispiel war vor ein paar Monaten. Wir wollten spontan geflüchtete Kinder aufnehmen. Da standen sofort zahlreiche rechtliche Hürden im Weg. Dabei wollten wir einfach schnell helfen.
Worauf kommt es denn an? Was ist für dich wichtig?
Werte und Gemeinsinn. Wir müssen zusammenhalten und zusammenarbeiten. In einer Gemeinschaft sind viele Interessen und Gedanken. Das muss man spüren, verstehen und in die Arbeit einfließen lassen. Offen sein, zuhören, ehrlich sein und jeden so annehmen, wie er ist.
Nicole Kummle ist Erzieherin und Geschäftsführerin der MotivationMensch gGmbH. Zusammen mit Simone Wildemann gründetet sie 2021 die private Kindertagesstätte Kinder Villa Stoll. Die dort gelebte Reggio-Pädagogik bietet Kindern zwischen Säuglings- und Schulkindalter hunderte Möglichkeiten des Ausdrucks. Sie erlaubt sich auszuprobieren – mit allerlei Materialien und allen Sinnen – mit Kopf, Herz und Hand. Nicole Kummle lebt mit ihrem Mann und zwei gemeinsamen Kindern in Waldshut.
Wo sind denn die tollen Menschen?
Ein Gespräch über die Kraft von Gemeinschaft und Kommunikation
Hallo Uwe, du bist jemand, der im Bereich Weiterentwicklung und Innovation arbeitet. Wie fällt deine Sicht auf das Zeitgeschehen aus?
Uwe Zell: Ich sehe das aktuell etwas zweigeteilt. Auf der einen Seite eine riesige Opportunity. Alles ist im Wandel. Auf der anderen frage ich mich manchmal: Sind wir Menschen eigentlich zu blöd, unseren schönen Planeten zu erhalten? Wollen wir uns mutwillig kaputtmachen? Bei mir überwiegt aber der Optimismus. Ich glaube, wir werden die Probleme in den Griff bekommen. Der steigende Druck wird das vorantreiben. Das hat man zum Beispiel bei der Corona-Impfung gesehen. Welches Tempo und welche Schlagkraft möglich sind, wenn es darauf ankommt. Ähnliches sieht man auch bei den vielen anderen Themen.
Woher nimmst du diese Zuversicht?
Früher habe ich mich immer gefragt, wo sind denn die tollen Menschen? Menschen, die mal was vorantreiben, – nachhaltig vorantreiben. Bei meiner Arbeit am Bruderhof habe ich dann viele inspirierende und energiegeladene Menschen kennengelernt. Die spiegeln genau diesen Optimismus wider. Die gehen aufeinander zu, knüpfen Netzwerke, es entstehen neue Kommunikationswege und Ideen. Mich bestärkt das in meiner positiven Sicht. Außerdem habe ich nichts davon, pessimistisch und mit schlechtem Gefühl durch die Welt zu gehen.
Warum dann die schlechte Stimmung vielerorts?
Na ja, wir hier im Süden sind alte Nörgler. Hier wird alles infrage gestellt, zuerst die Risiken gesehen. Da kann schon ein pessimistischer Eindruck entstehen. Da setze ich mit dem Bruderhof an. Ich setze da einen Trigger, um die Leute ins Tun zu bringen. Eine Basis, um kommunikativ, innovativ, kreativ, menschlich, kulturell und naturbezogen Dinge voranzutreiben. Dann geht auch etwas vorwärts.
Warst du schon immer optimistisch oder hat sich das erst entwickelt?
Ich hatte immer schon eine optimistische Grundeinstellung. Das Erlebte und Feedback, welches man bekommt, haben mich dann darin bestätigt. Sind dann erste Ideen realisiert und Arbeitsergebnisse zeigen sich, erhält man auch immer mehr Unterstützung. Generell kann man viel Unterstützung bekommen – vom Staat, von Organisationen, von Unternehmen und Menschen. Man muss nur danach fragen. Das alles macht mit der Zeit das »Kreuz breiter«.
Kann man anderen eine zuversichtliche Einstellung vermitteln?
Das mache ich jeden Tag. Ich versuche beruflich wie privat auf Möglichkeiten hinzuweisen. Das sollte jeder tun. Andere ermutigen, Chancen zu ergreifen und sie dabei unterstützen. So probiere ich die Leute wachzurütteln mehr Optimismus zu wagen.
Ein Schlüsselerlebnis war meine Zeit in Australien. Dort sind die Menschen sehr offen, sehr entspannt und man kommt ganz schnell ins Gespräch. Als ich wieder in Deutschland war, fühlte sich das wie ein Kulturschock an. Seither gehe ich konsequent auf andere zu. Ich kann nur dazu ermuntern. Geht auf andere zu.
Wenn man so viel am Laufen hat, geht auch mal was schief. Wie gehst du mit Scheitern um?
Risiken geht man ja bewusst und kalkuliert ein, wenn man Neues probiert. Das muss im Vorfeld klar sein. Das ist für mich dann auch verkraftbar.
Du definierst quasi vorher, dass es ein Test ist.
Ja. Es muss uns bewusst sein, Fortschritt gibt es nur mit dem Risiko des Scheiterns. Man muss einfach kalkulieren, was passieren kann. Komme ich da aus eigener Kraft raus, wenn es schief geht.
Was würdest du deinen Mitmenschen gerne mit auf den Weg geben?
Ich habe immer öfter mit Menschen zu tun, die im Job keine Lust mehr haben, gesteuert zu sein. Nur auf Zahlen und Vorgaben zu schielen. Die was Sinnvolles tun möchten. Denen kann ich nur sagen, macht es. Nehmt es in die Hand und macht es selber. Geht aus der Komfortzone raus. Traut euch was. Tut euch zusammen. In Communitys geht vieles einfacher. Probiert was aus. Nehmt Möglichkeiten wahr und gestaltet die Zukunft.
Probiert was aus. Nehmt Möglichkeiten wahr und gestaltet die Zukunft.
Uwe Zell ist Unternehmer, Innovationstreiber und Macher. Sein aktuellstes Projekt ist der Bruderhof in Menzenschwand. Der historische Schwarzwaldhof bekommt ein zweites Leben als Retreat-, Innovations-, Seminar- und Kommunikationsraum. Seine beruflichen Wurzeln liegen in Bereich Finanzindustrie und Start-ups. Seit 2012 ist er selbstständiger Unternehmer. Er ist dreifacher Vater und lebt mit seiner Frau und den Kindern in Frankfurt.